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Hygiene-Forschung unter erschwerten Bedingungen: Nachwuchswissenschaftlerinnen zurück aus Afrika

Ein junger Dorfbewohner hilft Stefanie Willems (l.) und Lisa Hartkemeyer bei der Wasserentnahme am unterirdischen Staudamm in Koraro (Foto: privat)

Zwei Doktorandinnen der Uni Münster untersuchen die Wasserqualität eines Eigenbau-Staudamms in Äthiopien

Münster (mfm/pc) – Ihr Labor war ein fast leerer Büroraum ohne fließendes Wasser, in dem mehrmals täglich der Strom ausfiel. Aber Lisa Hartkemeyer und Stefanie Willems wussten, worauf sie sich einließen, als sie 2010 für zwei Monate nach Äthiopien gingen. In dem Dörfchen Koraro in der Region Tigray im Norden des Landes untersuchten die beiden angehenden Ärztinnen die Wasserqualität eines unterirdischen Staudamms. Nun verfassen sie an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster darüber ihre Doktorarbeiten.

Die Niederschläge während der dreimonatigen Regenzeit werden im Untergrund gespeichert und das Wasser über einen Brunnen zugänglich gemacht. Mit Hilfe einer Handpumpe kann es entnommen werden, so dass die Dorfbewohner während der langen Trockenperiode nicht mehr kilometerweite Wege zur nächsten Wasserstelle zurücklegen müssen. „In Oberflächengewässern pflanzen sich die Mücken fort, die die Malaria übertragen. Deren Ausbreitung wird durch die unterirdische Stauung des Wassers eingedämmt – ein weiterer klarer Vorteil“, betont Lisa Hartkemeyer. „Unsere Aufgabe war es herauszufinden, ob das Wasser auch sauber ist.“
Ermöglicht wurde die Forschungsreise der beiden Doktorandinnen durch ein Sponsoring der münsterländischen Clubs von Soroptimist International (SI), der weltweit größten Serviceorganisation berufstätiger Frauen. SI befasst sich schon lange mit dem Thema Wasser. Dies tun auch die Hochschulen in Münster: Seit 2004 bündeln rund 30 Arbeitsgruppen der Fachhochschule, der Universität und des Universitätsklinikums ihre Kompetenz im „Netzwerk Wasser – Hochschulen in Münster“. Bei den Vorbereitungen für ihren Forschungsaufenthalt standen Lisa Hartkemeyer und Stefanie Willems sowohl ihr Doktorvater Prof. Dr. Werner Mathys vom Institut für Hygiene der Medizinischen Fakultät als auch Prof. Dr. Joachim Gardemann, Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe an der Fachhochschule, mit Rat und Tat zur Seite. „Aufgrund dieser Beratung haben wir eine möglichst robuste Ausstattung an Laborgeräten mitgenommen und Verfahren gewählt, die auch mit ganz kleinen Wassermengen funktionieren“, erklärt Stefanie Willems.
Der zum Labor umfunktionierte Büroraum befand sich an der Universität Mekelle. Drei Stunden dauerte die Fahrt nach Koraro, dort entnahmen die beiden Doktorandinnen Wasserproben aus dem Staudamm und zum Vergleich auch solche aus einigen umliegenden Wasserquellen. Unter Zeitdruck kehrten sie anschließend nach Mekelle zurück, um mit den mikrobiologischen Analysen zu beginnen. „Die Eile war nötig, da wir in Koraro keine Möglichkeit hatten, die Proben zu kühlen“, so Willems weiter.
Für die mikrobiologische Untersuchung benutzten die Ärztinnen gebrauchsfertig präparierte Petrischalen, auf die sie nur einen Milliliter Probenwasser zu geben brauchten. Die stellten sie dann für ein bis zwei Tage in ihren mitgebrachten tragbaren Mini-Inkubator. Vorhandene Bakterienkolonien hatten sich danach spezifisch eingefärbt und konnten mit bloßem Auge oder mit einer einfachen Lupe ausgezählt werden. „Auf diese Weise konnten wir das Wasser auf Enterokokken und verschiedene Coli-Bakterien untersuchen und auch die Gesamtzahl der Keime ermitteln“, erklärt Lisa Hartkemeyer. Mit einer ähnlich einfachen Methode untersuchte Stefanie Willems die chemischen Bestandteile des Wassers wie die Gehalte an Nitrit, Nitrat, Ammonium, Eisen und Sulfat.
Der Auslandseinsatz der beiden Doktorandinnen war Teil des Projekts „Tigray and Afar Water Initiative“, kurz: TAWI. Dessen Leiter, Prof. Dr. Rainer Mohn, bildet an der Fachhochschule Münster Bauingenieure aus. Von ihm stammt die Idee, in Koraro einen Unterwasser- oder, wissenschaftlich exakt, Untergrundstaudamm zu bauen. 2009 reisten im Auftrag der Vereinten Nationen zwei seiner Studenten sowie Betreuer von „Ingenieure ohne Grenzen“ nach Koraro und leiteten die Dorfbewohner beim Bau des unterirdischen Staudamms an. Eine Dichtungswand aus Ton, die quer zur Fließrichtung drei Meter tief in das Gewässerbett eingebaut wurde, verhindert seitdem, dass der größte Teil der Niederschläge während der Regenzeit ungenutzt abfließt.
„Leider haben wir einige mikrobiologische Verunreinigungen gefunden, die mal stärker, mal schwächer ausfielen“, nennt Lisa Hartkemeyer eines der wichtigsten Ergebnisse der Wasseranalysen. „Woran das liegt, muss noch genauer untersucht werden. Vermutlich stammen sie von Fäkalien auf dem trockenen Flussbett.“ Und Stefanie Willems ergänzt: „Ob der Damm auch während der Trockenzeit ausreichend Wasser gibt und wie seine Qualität zu diesen Zeiten ist, das muss ebenfalls noch erforscht werden. Es gibt noch einiges zu tun.“ Doch mit dem Damm ist ein Erfolg versprechender Weg eingeschlagen worden, dessen sind sich die beiden jungen Medizinerinnen ganz sicher.

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