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Herr über 25.000 Fische: ZMBE-Zellbiologe Prof. Erez Raz erhält „ERC Grant“ des Europäischen Forschungsrates

Prof. Erez Raz mit einem seiner über 1.000 Aquarien (Foto: ZMBE)

Fast zwei Millionen Euro Fördergeld zur Erforschung der Zellwanderung im Zebrabärbling als Modell für den menschlichen Organismus
Münster (mfm/tw) – Zusage für die Zellbiologie: Der münstersche Professor Dr. Erez Raz erhält vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) über die nächsten fünf Jahre Forschungsmittel in Höhe von mehr als 1.960.000 Euro. Das Geld fließt über ein Förderprogramm, das sich an außergewöhnliche Spitzenforscher in der Europäischen Union und assoziierte Staaten richtet. Der „Advanced Investigator Grant“ ist damit zugleich eine prestigeträchtige Auszeichnung auf internationaler Ebene.
Der gebürtige Israeli Erez Raz ist seit 2007 Direktor des Instituts für Zellbiologie am Zentrum für Molekularbiologie der Entzündung (ZMBE), einem Forschungsverbund der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Wenn Raz zu seinen Aquarien geht, dient das nicht der Entspannung: Der Zellbiologe hat sich auf den Zebrabärbling spezialisiert, einen unscheinbaren Fisch, der in der Biologie als Modellorganismus dient. Pflegeleicht, vermehrungsfreudig, kurze Generationenfolge – direkt am Organismus können grundlegende zellbiologische Prozesse untersucht werden. Die Ergebnisse lassen sich zum Teil direkt auf den menschlichen Organismus übertragen. „25.000 bis 30.000 Fische schwimmen in unseren über 1.000 Aquarien“, schätzt Raz – und in dem Projekt, das nun mit den Mitteln des Europäischen Forschungsrates finanziert wird, spielt der Zebrabärbling eine wichtige Rolle.
Die Migration von Zellen ist für die Entwicklung von Embryonen und den Aufbau von Körperorganen essentiell. In entwickelten Organismen wandern Zellen, um Wunden zu verschließen, abgestorbene Zellen zu ersetzen und Infektionen zu bekämpfen. Andererseits kann Zellmigration auch negative Folgen haben: Bösartige Tumore etwa breiten sich so im Körper aus. Die molekularen und zellulären Grundlagen der Zellmigration werden nun an Embryonen des Zebrabärblings untersucht. Die sind nämlich transluzent, also lichtdurchlässig – und machen damit die Beobachtung am lebenden Tier möglich. „Wir konnten schon durch vorherige Untersuchungen zeigen, dass die Moleküle, die für die grundlegenden Prozesse verantwortlich sind, in höheren Organismen erhalten sind“, erläutert Raz – „Das schließt Säugetiere ein“.
Die Ergebnisse des Projektes sind deshalb für das Verständnis der menschlichen Entwicklung und der Ausbreitung mancher Krankheiten relevant. Konkret sollen mit modernen genetischen Forschungsmethoden essentielle Proteine identifiziert und in ihren präzisen Rollen in der Zellmigration bestimmt werden. Dabei wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit angestrebt, um die Wanderungen im tierischen Gewebe auch mit Hilfe biophysikalischer und mathematischer Methoden im Detail zu verstehen. Die Projektförderung ist auf fünf Jahre befristet.
Raz studierte ab 1982 zunächst in seinem Heimatland Israel Biologie mit Schwerpunkten auf der Genetik und der Virologie. Nach dem Doktortitel im Jahr 1993 forschte er für mehrere Jahre an der Harvard Medical School, wo er sich auf den Zebrabärbling spezialisierte. Seit 1998 arbeitet Raz in Deutschland – erst als Gruppenleiter an der Universität Freiburg und am Max-Planck-Institut (MPI) in Göttingen, seit 2007 als Professor und Institutsdirektor in Münster. Raz lebt mit seiner Frau, ebenfalls eine Wissenschaftlerin, und dem jüngeren Sohn in Münster, sein zweiter Sohn studiert Medizin im Ausland. Der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist Raz weiterhin als „Max Planck Fellow“ am münsterschen MPI für molekulare Biomedizin verbunden. Mit diesem Programm soll die Zusammenarbeit von Max-Planck-Instituten mit Universitäten gestärkt werden. Die MPG hat insgesamt 40 Fellows, zwei davon gehören der Universität Münster an.
Der eigentlich unauffällige Zebrabärbling hat es übrigens längst zu Weltruhm gebracht: Gentechnisch veränderte Fische, die in rot, grün und orange fluoreszieren, sind unter anderem in den USA millionenfach an Aquarienbesitzer verkauft worden. Die bunten Varianten haben ihren Ursprung in der Forschung. Das Einschleusen fremder Gene diente eigentlich dazu, einen Organismus zu entwickeln, mit dem die Qualität von Wasser durch Fluoreszenz-Änderungen überwacht werden kann. In der Europäischen Union ist der kommerzielle Vertrieb der gentechnisch veränderten Fische verboten. In der Forschung werden die Möglichkeiten dagegen umfassend genutzt, auch am münsterschen Institut – so markieren die Wissenschaftler um Raz Strukturen innerhalb von Zellen mit fluoreszierenden Proteinen, um diese Zellen im lebenden Organismus beobachten zu können.

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