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Das kleine Krankenhaus am Rande des großen: Praxisübung der „Humanitären Hilfe“ diesmal bei den Medizinern

Claus Muchow (l.), Techn. Einsatzleiter beim DRK Steinfurt, und Prof. Gardemann sind nicht nur am Modell ein eingespieltes Team. So bauten sie im Mai 2008 gemeinsam mit Kollegen im chinesischen Sichuan ein mobiles Krankenhaus auf

Münster (mfm/pc) - Das Universitätsklinikum ragt mit seinen beiden Bettentürmen imposant in den Himmel. In zweihundert Metern Luftlinie davor flattern mehrere weiße Zelte im eisigen Wind. Zwei Krankenhauswelten stießen am vergangenen Samstag [16.01.] – zumindest optisch – aufeinander. Denn die schon traditionelle Praxisübung des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe der Fachhochschule Münster zu Semesterende fand diesmal auf dem Klinikumsgelände an der Schmeddingstraße statt - und erhielt durch das Erdbeben in Haiti eine traurige Aktualität.
Unter Anleitung der örtlichen Einsatzleitung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bauten rund 60 Studierende der Medizinischen Fakultät und anderer Fachbereiche der Universität und Fachhochschule eine mobile Basis-Gesundheitsstation auf, wie sie weltweit als Teil der „Emergency Response Units“ (ERU) des Roten Kreuzes in Krisen- und Katastrophengebieten eingesetzt wird. Hier die Maximalversorgung mit modernsten technischen Geräten also, dort eine medizinische Grundversorgung für Menschen in akuten Notlagen, einfach in ihren Mitteln, aber bis ins letzte Detail durchdacht.
Das schwere Erdbeben in Haiti wenige Tage zuvor hatte das Interesse an dem Trainingscamp angefacht - auch bei den zahlreich erschienen Medien - und belegte erneut deren Notwendigkeit: Am frühen Samstagmorgen, fast zeitgleich mit der Übung, war von Berlin aus eine Frachtmaschine mit einer ebensolchen mobilen Mini-Klinik des DRK in die Katastrophenregion gestartet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in den kommenden Tagen Einsatzkräfte aus Münster folgen werden.
Vor einem der Zelte an der Schmeddingstraße ist zu Anschauungszwecken eine Tafel mit simulierten Suchanzeigen aufgestellt. „Der Suchdienst ist eine ganz klassische Aufgabe des Roten Kreuzes“, erklärt Prof. Joachim Gardemann, Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe, den umstehenden Studierenden. Auch in Münster gebe es Studierende aus Haiti, die immer noch nicht wüssten, ob ihre Verwandten das Unglück überlebt haben und das DRK um Hilfe gebeten hätten.
Für Gardemann ist Münster der ideale Standort, um sich mit dem Thema Nothilfe zu beschäftigen. Zum einen sieht er die „Stadt des Westfälischen Friedens“ in einer besonderen Verantwortung, wenn es darum geht, sich solidarisch zu zeigen mit Menschen, die durch Kriege und Naturkatastrophen in Not geraten sind. Zum anderen erwerben die Studierenden von Universität, Fachhochschule und den anderen münsterschen Hochschulen eine Vielzahl von Kompetenzen, die in der humanitären Hilfe benötigt werden. „Nahezu alles, was hier erlernt und studiert werden kann, ist dort einsetzbar“, weiß der Hochschullehrer. So sind regelmäßig nicht nur angehende Ärzte, Ingenieure und Architekten bei den Übungen dabei, sondern beispielsweise auch Betriebswirte, Sozialpädagogen, Ethnologen oder Juristen ebenso wie Angehörige der Gesundheitsfachberufe wie Rettungsassistenten, Pflegekräfte und Hebammen.
Selbst wenn die Bedingungen vor Ort mitunter chaotisch seien: „Dilettiert wird nicht“, betont der Facharzt für Pädiatrie und Gesundheitswissenschaftler. Die multidisziplinären Teams arbeiteten hoch professionell, das Fachwissen werde untereinander ausgetauscht. „Als Arzt muss ich mich auch mit dem Völkerrecht und mit Tradition und Kultur des jeweiligen Landes auskennen“, nennt Gardemann ein Beispiel.
Sein Konzept, um junge Leute an das Thema Nothilfe heranzuführen, geht jedenfalls auf: Im November 2004 gründete in Münster eine Gruppe von Studierenden und Auszubildenden eine Rotkreuz-Hochschulgemeinschaft, die bundesweit einzigartig ist. „Wir haben zurzeit etwas mehr als zwanzig Mitglieder. Viele von uns studieren Medizin, aber es sind auch Studierende anderer Fächer sowie Rettungssanitäter und eine Diätassistentin dabei“, berichtet Medizinstudent Leonhard Wulff zwischen zwei Übungseinheiten in Reanimation, die er in einem der Zelte anleitet. „Auch hierzulande treten Katastrophen auf, die nur mit Hilfe ausgebildeter ehrenamtlicher Helfer bewältigt werden können. Daher freuen wir uns über jedes neue Mitglied.“
Wulff und seine Mitstreiter werden auch dabei sein, wenn im Herbst die mobile Basis-Gesundheitsstation mitten im Herzen Münsters, auf Prinzipalmarkt und Domplatz, aufgebaut wird, um die breite Bevölkerung über Nothilfe-Einsätze zu informieren. Der besondere Anlass: Wie zuletzt vor zwei Jahren Kofi Annan wird im historischen Rathaus dann wieder eine herausragende Persönlichkeit mit dem Westfälischen Friedenspreis geehrt.
Die Rotkreuz-Hochschulgemeinschaft trifft sich jeden 1. und 3. Dienstag im Monat ab 19 Uhr im DRK-Gebäude an der Zumsandestraße. Siehe auch www.drk-muenster.de/ehrenamt/hochschulgemeinschaft
Link zum Kompetenzzentrum Humanitäre Hife der FH Münster

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