Netherton-Syndrom

Abb. 1: Neugeborenes mit Netherton-Syndrom.
Die gesamte Haut ist entzündet und rot ("Erythrodermie") und ist sehr durchlässig für Wasser ("transepidermaler Wasserverlust"). Die Kinder benötigen deshalb in den ersten Lebenswochen eine interdisziplinäre Intensivtherapie in einer Kinderklinik um sie vor der Austrocknung zu schützen.

Dies ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Verhornungsstörung mit einer Ichthyose und bestimmten Haaranomalien.

An der Haut besteht eine Ichthyose, die aus rundlichen oder gebogenen Schuppenfiguren besteht, wobei charakteristisch ist, dass eine doppelte Schuppensaumlinie vorliegt. Diese Figuren sind rötlich und wandern an der Haut. Das heißt, sie treten an einigen Stellen auf, verschwinden nach einiger Zeit wieder, um an einer anderen Hautstelle neu zu entstehen.

An den Haaren sieht man mikroskopisch Stauchungen des Haarschaftes, die wie die Knoten in einem Bambusstab aussehen. Daher heißt diese Haarveränderung auch Bambushaar (Fachausdruck: Trichorrhexis invaginata). An den Stauchungsstellen können die Haare bei mechanischer Belastung leicht brechen.

Bei einer schwerer verlaufenden Form des Netherton-Syndroms besteht bei Geburt eine vollständige Rötung der Haut, die erst später in die kreis- und bogenförmigen Verhornungsfiguren übergeht. Bei Geburt ist diese Form nicht von der oben genannten häufigeren autosomal-rezessiven lamellären Ichthyose zu unterscheiden. Kinder mit der schwereren Form des Netherton-Syndroms haben aber häufiger Störungen im Abwehrsystem mit Infektionen, Fieber, Ernährungsproblemen, Wachstumsverzögerungen und Allergien.

Ursache des Netherton-Syndroms sind Mutationen des SPINK5-Gens, das für den Proteasehemmer LEKTI kodiert. Gehemmt werden durch LEKTI sogenannte Kallikreine, das sind Trypsin-ähnliche Enzyme der Haut. Der Wegfall dieser Hemmung führt zu einer massiven Entzündung der Haut und zu einer Verminderung der Hornschicht.
  

Abb. 2: LEKTI-Mangel bei Netherton-Syndrom a) positive Anfärbung der Haut für LEKTI in der Körnerschicht b) Fehlen von LEKTI in der Haut bei Patient mit Netherton-Syndrom.
Der immunhistochemische Nachweis eines Fehlens von LEKTI in der Haut ist vergleichsweise einfach und spielt in der Diagnostik nach wie vor eine Rolle, da sich bei einem Teil der Patienten nicht beide SPINK5 Mutationen molekular nachweisen lassen.