Das HUS ist definiert als Trias aus akutem Nierenversagen, Thrombozytopenie und intravasaler Hämolyse mit Nachweis fragmentierter Erythrozyten (Fragmentozyten).

Die häufigste Form heutzutage ist im Kindesalter das enteropathische EHEC-assoziierte HUS. Bei 5 - 10 % der Kleinkinder (Erkrankungsgipfel: 3. Lebensjahr) mit einer EHEC-assoziierten Durchfallerkrankung folgt ca. sieben Tage nach Beginn der wässrigen Durchfälle das enteropathische HUS. Etwa zwei Drittel der Patienten entwickeln während der Akutphase ein dialysepflichtiges Nierenversagen. Folgeerkrankungen des enteropathischen HUS können eine chronische Niereninsuffizienz, sekundäre arterielle Hypertonie, endokrine und exokrine Pankreasinsuffienz sowie neurologische Komplikationen sein.

Neben dem Lebensalter des Patienten ist die Ausstattung des infizierenden EHEC-Stammes mit spezifischen Virulenzfaktoren ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung extraintestinaler Manifestationen.

Durch die von uns etablierte Feintypisierung der Shiga Toxin-Gene kann in Zukunft möglicherweise eine Risikoeinschätzung der Erreger vorgenommen werden. Mit Hilfe der Feintypisierung ist eine Voraussage möglich, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patientenisolat ein Fortschreiten der Erkrankung zu extraintestinalen Manifestationen induzieren kann oder ob eher ein milder Krankheitsverlauf zu erwarten ist. Dies stellt für den Patienten und den behandelnden Arzt eine wertvolle Information zur Abschätzung der Gesundheitsgefährdung dar.


Therapie
Obwohl EHEC gegen Antibiotika in der Regel gut empfindlich sind, gilt eine antibiotische Therapie zumindest während der akuten Krankheitsphase als kontraindiziert. Unter in-vitro-Bedingungen konnte durch subinhibitiorische Antibiotikakonzentrationen die Produktion und Freisetzung von Shiga Toxinen induziert werden. Dies erhöht das Risiko, im klinischen Verlauf extraintestinale Komplikationen zu entwickeln. Bis zum Vorliegen entsprechend anderer Daten aus kontrollierten klinischen Studien muss dies als Argument für eine Kontraindikation angesehen werden. Untersuchungen zur Klärung der möglichen Toxininduktion und Toxinfreisetzung durch Antibiotika in vivo und zur Aufklärung der beteiligten Mechanismen sind daher für die klinische Praxis von großer Dringlichkeit. Eine notwendige antibiotische Therapie aufgrund einer EHEC-unabhängigen Infektion, z. B. Pneumonie, Otitis media u. ä., bedarf in jedem Fall einer patientenbezogenen Abwägung im speziellen Fall, ggf. unter Hinzuziehung eines auf HUS spezialisierten Zentrums.

Symptomatische Therapiekonzepte beruhen beim HUS auf forcierter Diurese und auf Hämo- oder Peritonealdialyse bei globaler Niereninsuffizienz. Bei atypischen Verlaufsformen (insbesondere bei der extrarenalen Manifestation des HUS) konnte bisweilen eine Erniedrigung des bzw. Antikörper gegen den v. Willebrand-cleavage-Faktor entdeckt werden. Hier zeigte sich die Gabe von GFP (gefrorenem Frischplasma) bzw. eine Plasmapherese sinnvoll.

Aufgrund dieser fehlenden spezifischen Therapieoptionen liegt eine besondere Bedeutung bei präventiven Maßnahmen. Hierbei muss insbesondere die adäquate Hygiene bei der Verarbeitung, Lagerung, dem Transport und In-Verkehr-Bringen von rohen und leicht verderblichen Lebensmitteln beachtet werden. Insbesondere Kinder, ältere Menschen, Schwangere und immunsupprimierte Patienten sollten grundsätzlich tierische Produkte nur ausreichend gegart (Kerntemperatur mindestens 70° C für 10 min) bzw. pasteurisiert zu sich nehmen.