News

Stärkung der Hausärzte: Hochschulen kooperieren im „NRW-Kompetenzverbund Allgemeinmedizin“

Dr. Peter Maisel, selbst niedergelassener Mediziner, leitet den Arbeitsbereich Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster (Foto: privat)

Münster (mfm/tw) – Viel Arbeit, wenig Einkommen, kaum Prestige? Die Allgemeinmedizin gehört bei Medizinstudenten nicht zu den beliebtesten Fachgebieten – das hat strukturelle Gründe, hängt aber auch mit gesellschaftlichen Vorurteilen zusammen. Die acht allgemeinmedizinischen Abteilungen und Institute an nordrhein-westfälischen Universitäten haben sich nun zum „Kompetenzverbund Allgemeinmedizin NRW“ zusammengefunden, um das Fachgebiet zu stärken.
„In den nächsten Jahren werden immer mehr Hausärzte in Rente gehen, der Nachwuchs fehlt“, erläutert Dr. Peter Maisel, Leiter des Arbeitsbereiches Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Der Mediziner, der 2011 den Lehrpreis der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin erhielt, kennt sein Fachgebiet auch unmittelbar aus der Praxis: Im niedersächsischen Emsbüren ist Maisel seit 32 Jahren als Hausarzt niedergelassen. Er sagt: „Junge Mediziner stellen heute Ansprüche an die Vereinigung von Arbeit und Freizeit, wie sie auch andere Berufseinsteiger erwarten. Für viele Hausärzte sind aber 60, 70 Stunden in der Praxis auch heute noch normal.“
Hausärzte werden dringend gebraucht – und die Bedingungen sind laut Maisel deutlich besser als häufig gedacht: „Viele Studenten glauben, dass ein Hausarzt immer auf Abruf bereitstehen muss; durch den neu geregelten überörtlichen Notdienst mit gleicher Beteiligung aller Fachgruppen konnte das Problem behoben werden. Auch finanziell hat sich die Situation verbessert, insbesondere durch innovative Hausarztverträge, die Aufhebung der Honorar-Budgetierung für Landärzte und die Förderung von Kooperationsformen. Eine gut laufende Allgemeinpraxis trägt sich.“ Einen weiteren Grund für den Nachwuchsmangel sieht Maisel im geringen Prestige: „Die Thoraxchirurgie etwa macht für viele Studenten mehr her, aber intellektuell liegt der Anspruch der Allgemeinmedizin mindestens ebenso hoch. Außerdem bietet die Allgemeinmedizin eine hohe Berufszufriedenheit durch den langjährigen intensiven Kontakt zum Patienten und seiner Familie. Hier sind die Unis gefordert: Die hohe Bedeutung des Fachgebiets wird im akademischen Chor immer wieder betont, tatsächlich ist die Ausstattung der Allgemeinmedizin an den medizinischen Fakultäten deutscher Universitäten häufig aber vergleichsweise karg.“
Der neue Kompetenzverbund soll dazu beitragen, die Allgemeinmedizin in Lehre, Forschung, Fortbildung und Weiterbildung zu stärken. Zu den möglichen Maßnahmen gehören Informationstage, Weiterbildungen für Ärzte und medizinisches Hilfspersonal - etwa Kurse zu Praxismanagement, Notfallversorgung, moderner Literatur-Recherche und praktischen Fertigkeiten für den Berufsalltag – sowie Forschungsverbünde für Lehr- und Versorgungsforschung. Gerade Standorte mit kleineren allgemeinmedizinischen Abteilungen profitieren stark von Kooperationen: „Die Schulung von Doktoranden ist aufwendig, durch regelmäßige Veranstaltungen an zwei oder drei zentralen Standorten können wir Synergien nutzen.“
Die nächste Sitzung des Forschungsverbundes findet Mitte März statt, dann wird über Details der inhaltlichen Ausrichtung und erste konkrete Maßnahmen beraten.

Folgendes könnte Sie auch interessieren: