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Nadelkunde und Lasergravur: Praktikum in Gynäkologie und Geburtshilfe wurde „runderneuert“

Üben mit Schweinefleisch, damit die CO2-Laservaporisation später im OP gelingt: Sonja Rinke mit einer Medizinstudentin während des Praktikums (Foto: tw)

Münster (mfm/tw) – Auch im 21. Jahrhundert ist das Nähen Kernkompetenz – zumindest im Medizinstudium: Bei einem Praktikum übten sich die Studierenden des Galenius-Semesters im Umgang mit Nadel und Faden unter eingeschränkter Kamera-Sicht. Heiß her ging es derweil im Nebenraum, wo die Mediziner in spe mit dem Hochfrequenzgenerator und dem CO2-Laser hantierten. Das Praktikum ist Bestandteil des Moduls „Gynäkologie und Geburtshilfe“, das die Studierenden im fünften klinischen Semester absolvieren. „Das Modul besteht aus einer Vorlesung und drei praktischen Kursen“, erläutert Professor Dr. Ralph J. Lellé von der Uni-Frauenklinik, der die Veranstaltungen übernommen hat - und sie komplett neu konzipierte.
„Das ganze Spektrum des Fachgebiets können wir in den wenigen Wochen nicht zeigen. Wichtig ist mir, mit viel Praxis das Interesse der Studierenden zu wecken“, so Lellé. Im ersten Praxiskurs ging es um gynäkologische Untersuchungsmethoden, vor allem die zytologische Krebsvorsorge. Dr. Elke Grotegut-Semik aus der frauenärztlichen Praxis in Werne informierte über Verhütungsmethoden; Spekulumuntersuchungen und Abstrichentnahmen wurden an Beckenmodellen geübt, und Prof. Bettina Köhler, Leiterin des Gerhard-Domagk-Instituts für Pathologie, stellte ihre Zytologieassistentinnen Birgit Konert und Magdalena Marciniak frei, um mit den Studierenden die Färbemethode und das Mikroskopieren zu üben.
Der zweite Kurs befasste sich mit Schwangerschaft und Geburt. „Wir wollen den Studierenden ein Gefühl für die Geburt und eine respektvolle Haltung gegenüber der besonderen Intimsphäre der Patientinnen vermitteln“, sagt Sonja Rinke, die als Mitarbeiterin im Studierendensekretariat der Frauenklinik die Kurse mit entwickelt hat und betreut. Die Studierenden führten Ultraschalluntersuchungen an schwangeren Frauen durch und lernten an eigens dafür angeschafften Geburtshilfe-Modellen die Praxis der regelhaften Geburt.
Der dritte Kurs, mit dem der Praxisteil des Moduls beendet worden ist, war der operativen Gynäkologie gewidmet. Die Themen: Operationsanatomie, Instrumenten- und Fadenkunde, kolposkopische Methoden (lupenoptische Untersuchung der Vulva), Hochfrequenzchirurgie am Gebärmutterhals sowie CO2-Laserbehandlung. Wie in den anderen Kursen sind die Studierenden zu Klinikgruppen mit je sechs Personen zusammengefasst, drei Gruppen absolvieren das Kurzpraktikum jeweils parallel in den Räumen des Lehrgebäudes.
In einem Raum erklärt ein Arzt die Unterschiede zwischen den Dutzenden unterschiedlicher Operationsfäden, jeder ein High-Tech-Produkt mit ganz spezifischen Eigenschaften und integrierter Nadel, dessen Form auf das Einsatzgebiet abgestimmt ist. Nebenan wird minimal-invasiv genäht; den simulierten Bauchraum haben die Studenten nur über einen Monitor im Blick. Zwei Räume weiter riecht es nach verbranntem Schweinefleisch, der Raum darf nur mit Schutzbrille betreten werden: Die Studentin Peggy Schmeink „graviert“ gerade mit einem Laser ein Stück des tierischen Versuchsmaterials. Im echten Operationssaal werden mit dem Verfahren, der CO2-Laservaporisation, Krebsvorstufen an Vulva und Gebärmutterhals bekämpft.
Das neu konzipierte Modul „Gynäkologie und Geburtshilfe“ zeichnet sich durch den besonders starken Praxisbezug und das Engagement der Organisatoren aus. „Wir hoffen, dass sich Studierende nach diesem ersten Einblick in das Fachgebiet Frauenheilkunde vermehrt für das Terzial Gynäkologie und Geburtshilfe und vielleicht sogar für die Weiterbildung zum Frauenarzt entscheiden“, so Rinke. Aber auch die Vorlesungen sind nicht graue Theorie, ergänzt Lellé: „In einem Drittel konnten wir live aus dem Operationssaal übertragen. Die aufwendige Organisation ist nur möglich, weil sich das Team des Instituts für Ausbildung und Studienangelegenheiten sehr engagiert – das lohnt sich, denn die Inhalte bleiben den Studenten so viel besser in Erinnerung.“ Und während ein Arzt der nächsten Klinikgruppe eine Theorie-Einführung gibt, greift Lellé am Laparoskop selbst zu Nadel und Faden: „Dabei kann ich mich entspannen.“

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